Ländlichen Räumen kommt im Zuge der sozial-ökologischen Transformation eine maßgebliche Rolle zu. Im Rahmen des WIR-Bündnisses “Landvorteil” untersuchte das Verbundvorhaben “Innovationsatlas” aus diesem Grund von Mai 2024 bis Juli 2025 die Rahmenbedingungen sozialer Innovationen in den Landkreisen Herzogtum Lauenburg (SH) und Ludwigslust-Parchim (MV). Die Bestandsaufnahme und Analyse in der Projektregion fand dabei in sechs Themenfeldern statt: einer regionsspezifischen Bestandsaufnahme, vier projektspezifischen Bestandsaufnahmen (Innovationsorte, ZukunftsMobil, CoRegion & Innovative Verwaltung) sowie der wissenschaftlichen Begleitung – durchgeführt durch die Verbundpartner: das Thünen Institut für Regionalentwicklung, den WandelLand e.V., die Heinrich-Böll-Stiftung SH sowie die TH Lübeck (Verbundkoordination).
Die methodische Grundlage bildeten 79 problemzentrierte, narrative Interviews mit Akteur*innen aus der gesamten Projektregion, mehr als 60 Spontangespräche vor Ort sowie Beobachtungen der Forschenden im Rahmen von acht jeweils einmonatigen Feldaufenthalten in beiden Landkreisen.
Ausgangspunkt der Forschung im Teilprojekt „Innovationsorte“ waren regionale empirische Hinweise auf Projekte an physischen Orten die sich gezielt mit transformativen Praktiken beschäftigen. Diese Orte wurden als potenzielle Keimzellen für soziale Innovationen identifiziert, die als solche einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Projektregion nehmen können.
Zielstellung in dem Teilprojekt war die Identifikation aktuell bestehender an Orte gebundener Projekte mit sozial innovativer Ausrichtung sowie die Ableitung von Typologien nach denen sich die Orte kategorisieren und in Folgeprojekten analysieren lassen. Dabei wurden insbesondere die Entstehungsbiographien der Projekte, Organisationsformen und Akteurskonstellationen sowie der Fokus auf bestimmte Themengebiete sozialer Transformation erhoben. Zudem wurden gemeinsame Herausforderungen skizziert.
Ergebnisse:
Ein Großteil der gestaltenden Akteur*innen an den untersuchten Orten kommt ursprünglich aus anderen Regionen Deutschlands, bei jüngeren Initiativen überwiegt zudem eine urbane Sozialisierung. Bei den untersuchten Orten überwogen Organisationsformen als eingetragene Vereine oder eingetragene Genossenschaften. Dies deutet auch auf das Streben hin, Aternativen zu herkömmlichen ökonomischen Modellen zu verfolgen. Während einige explizit darauf ausgerichtet sind, transformative Prozesse zu initiieren, agieren andere als Gemeinschaften, die innovative Praktiken im Alltag anwenden, ohne Innovation als zentralen Fokus zu verfolgen oder diese nach außen tragen zu wollen. Die meisten der Untersuchten weisen ein oder mehrere Fokusthemen auf. Besonders häufig stehen dabei Landwirtschaft und Landnutzung, Kunst und Kultur sowie die Erprobung neuer Arbeits- und Wohnformen im Mittelpunkt . Ein verbindendes Element aller untersuchten Orte ist dabei die zentrale Bedeutung von Gemeinschaft, die als übergeordneter Grundwert gilt.
Herausforderungen:
– Wirtschaftliche Tragfähigkeit: die Geschäftsmodelle lassen sich mitunter nicht ausreichend vermarkten oder sind gar nicht darauf ausgerichtet. Fördergelder und alternative Finanzierungsmöglichkeiten stehen im Mittelpunkt
– Überforderung: Baurechtliche Fragen, komplexe Organisationsstrukturen, wirtschaftliche Zwänge führen zu hohen personellen Anforderungen. Diese werden stark durch individuelles Engagement und ehrenamtliche Arbeit erbracht, was zu hoher Verletzlichkeit führt.
– Dauerhaftigkeit der Strukturen: Sicherung der Mitgliederzahl, dauerhaftes und planbares Engagement der Beteiligten sowie ein dauerhafter Zugriff auf die Immobilie sind bei allen untersuchten Orten in unterschiedlicher Ausprägung beobachtbare Herausforderungen, die den Fortbestand der Projekte gefährden.
– fehlende lokale Einbindung: eine Trennung der Akteur*innen in den Projektorten von der restlichen Bevölkerung verhindert lokale Wirksamkeit der Projekte und kann sogar das Bestehen gefährden. Bei einer guten Einbindung kann die lokale Gemeinschaft positiv auf die übrigen Herausforderungen wirken
In den folgenden drei Jahren (2025 bis 2028) wird das thematisch anknüpfende Folgeprojekt “InnOasen” eingehend an den vorgestellten Ergebnissen ansetzen, diese vertiefen und erste prototypische Handlungsmuster in der Region erproben, die zu einer Sicherung und Weiterentwicklung von Innovationsorten in der Projektregion beitragen sollen. Der Fokus liegt hierbei auf einer integrierten Projektarbeit zusammen mit lokalen Akteuren und den beiden Landkreisen, um die bestehenden Bedarfe und Handlungsfelder möglichst passgenau bedienen zu können und einen konkreten Beitrag zur regionalen Entwicklung zu ermöglichen.
Projektpartner:
Technische Hochschule Lübeck
Thünen-Institut für Regionalentwicklung e.V.
Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein
Website: https://landvorteil.org/verbundvorhaben/innovationsatlas/
Über Landvorteil
Landvorteil ist ein regionales Bündnis für zukunftsgerichtete Entwicklung im ländlichen Raum. Im
Fokus steht die Überzeugung, dass Ländlichkeit ein echter Standortvorteil ist – insbesondere für
soziale Innovationen, die Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen bieten.
Das Projekt wird im Rahmen von WIR! („Wandel durch Innovation in der Region“) vom
Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert. Initiiert wurde
Landvorteil durch den Kreis Herzogtum Lauenburg, den Landkreis Ludwigslust-Parchim und die
Wirtschaftsförderung Herzogtum Lauenburg. Unterstützt wird das Bündnis durch ein breites
Netzwerk aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.